Kunst am Bau

 


Kunst am Bau

Ein besonderer Auftrag, der Anfang 2022 an mich herangetragen wird. Eine neue Schleusen- und Wehranlage ist gerade in der Planungsphase und mir fällt die künstlerische Gestaltung von zwei Betonreliefs und der Hauptansichtsseite des Betriebsgebäudes des Objektes zu. Initiiert ist das Projekt vom Freundeskreis für Lübben e.V.. Der Bau selbst entsteht im Auftrag des Landes Brandenburg in Zusammenarbeit mit dem Wasser- und Bodenbverband nördlicher  Spreewald.

 

Konzepte

Zunächst priosiere ich die einzelnen Flächen. Die dem Wasserlauf zugewandte, ca. 2,60 x 6 m große Fassade stellt zweifelsohne das Hauptwerk dar. Ausgehend davon möchte ich die Motive für die Betonreliefs ableiten.

Meine Motividee soll zur Region passen – so die Vorgabe. Anfangs nimmt mich diese Zielsetzung regelrecht gefangen, was ich aber erst viel später fest stellen werde.

Ich entwerfe ein grafisch anmutendes Konzept mit Wald und Sagengestalten der Region als „silhouettenhafte“ Ebene im Vordergrund, die Spree und der Damm mit Rad fahrenden Touristen dahinter. Ein Portal soll das Bild in einen modernen und in einen traditionellen Bereich unterteilen. Für die Betonreliefs möchte ich ebenfalls sorbische Sagen als Thema aufgreifen und sie in Piktogrammen umsetzen.
Doch so richtig warm werde ich mit dieser verkopften Idee nicht und sie verschwindet schnell in der Schublade.

2. Entwurf Hauptfassade, Betriebsgebäude

Ein weiteres Konzept ist eine überdimensionale Landschaft mit Flusslauf: „Tor zum Spreewald“, der Beiname unserer Stadt Lübben (in der das Bauwerk errichtet wird). Passend dazu entwickle ich eine Skyline der Stadt und einen Ausschnitt der Stadtmauer für die Betonreliefs.

Demo Betonrelief "Skyline Lübben" (ca.4m breit)

Demo Betonrelief "Trutzer"

Im Herbst 2022 präsentiere ich dem Verein und dem Bürgermeister meine Entwürfe. Die Idee findet Zuspruch, insbesondere die Stadtansicht als Skyline.

Vorzeichnung "Skyline Lübben"
 

Diese zeigt von links nach rechts die wenigen bedeutsamen, architektonischen Besonderheiten, die Lübben nach seiner Bombardierung im zweiten Weltkrieg noch zu bieten hat, in geografisch korrekter Anordnung: Stadtmauer mit „Hexenturm“ und Trutzer, die Paul Gerhard Kirche (der Ansicht halber um 90° gedreht), das Ständehaus (heute Landratsamt), das Lübbener Schloss mit Marstall (Wappensaal, Museum und Stadtbibliothek).
Davor, mit einer Wellenlinie angedeutet, ist die Spree und in der Mitte der Hain als Eingangstor zur Stadt  - wer mit der Bahn nach Lübben reist, läuft am kürzesten direkt durch dieses beschauliche uralte Waldstück zum historischen Stadtkern.

 

Neu denken

Während sich die Matrizen für die Betonreliefs bereits auf dem Weg zur Fertigung befinden, stellt sich heraus, dass die Hauptansicht der geplanten Fassadenmalerei von zwei großen Türen unterbrochen wird. Sowohl der Freundeskreis e.V. als auch ich gingen davon aus, dass das Gebäude anders ausgerichtet aufgestellt werden würde. Zum Zwecke der technischen Überwachung der Anlage müssen die Türen aber auf dieser Seite eingefügt werden.

Die Türen zu bemalen ist für mich keine Option. Das Bemalen zweier völlig unterschiedlicher Untergründe ist ein erheblicher Mehraufwand, der nur mit Sprühlacken halbwegs reibungslos zu bewerkstelligen ist - diese meide ich aus maltechnischen und gesundheitlichen Gründen.

Der Freundeskreis schlägt in einer Baubesprechung daraufhin die flankierenden Fassaden der Hauptansichtsseite als Gestaltungsschwerpunkte vor. „Die Seiten wird man schlecht einsehen können“, gebe ich zu bedenken und befürchte, dass all meine Bemühungen für ein schönes Gesamtbild am Ende vergebens sind. Entmutigt gehe ich aus der Besprechung.


Neue Hoffnung

Probeguss, eingeschalt

Ergebnis Probeguss

Im Sommer 2023 wird ein Probeguss von einer der Matrizen auf der Baustelle angefertigt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Form löst sich ab ohne Schäden im Relief zu hinterlassen. Ende 2023 ist der Trutzer und die Lübbener Skyline als Betonguss im Bauwerk verewigt. Das Ergebnis motiviert mich, mit neuen Entwürfen für die Fassade ans Werk zu gehen.

fertiges Betonrelief "Skyline Lübben"

fertiges Betonrelief "Trutzer"

Die Vorgabe eines regionalen Bezuges und mein Bestreben, etwas Passendes zu den bereits entstandenen Betonreliefs zu schaffen, sind jedoch nicht besonders fruchtbar. Ich experimentiere erfolglos mit kulturellen und geografischen Besonderheiten der Umgebung. Dabei arbeite ich digital, um mich auf wenige Farben im Vollton zu beschränken. Es ist Februar 2024 und ein Termin für die Vorstellung des Fassadenentwurfs steht bereits fest.

verworfener Entwurf

verworfener Entwurf

Der Rohbau mit dem zu gestaltenden Betriebsgebäude ist inzwischen errichtet. Erneut prüfe ich die Sichtachsen auf die Fassaden. Es braucht irgendetwas Großes, irgendetwas klar Erkennbares im Vordergrund. Alle meine bisherigen Entwürfe entsprechen dem aber nicht.

Jule (meine Frau) meint zudem, ich solle unbedingt etwas in meinem Stil machen, und nicht was es ohnehin schon vielfach gibt.

 

A Fairytale

Recht hat sie! Nur widerstrebt mir dies unbewusst schon seit Beginn des ganzen Projektes, weil ich große Angst davor habe, „meinen Stil“ auf eine solche Fläche zu skalieren. Diese Furcht ist für Außenstehende sicher schwer nachvollziehbar, denn sie liegt in meiner Arbeitsweise begründet, die für gewöhnlich aus mehreren Malschichten besteht. Bei großen Fassadenmalereien ist es heutzutage jedoch üblich im Anschluss der Entwurfsphase „side by side“ - also Fläche für Fläche - im Vollton direkt fertig zu malen, was auch am wirtschaftlichsten ist.

Aber zunächst brauche ich dringend eine Idee. Es sind nur noch wenige Tage bis zur Präsentation. Also: Kopf leer machen und treiben lassen.

neue Skizze für Fassadenmalereien
 

Eines Abends, auf zwei blanken Seiten meines kleinen Skizzenbuchs, fertige ich zwei lose Bleistiftzeichnungen an - einen Eisvogel im Nebeldunst und eine Libelle im Mondlicht. „Das lässt sich umsetzen“, denke ich. Zu Hause in der Küche, als die Kinder bereits schlafen, entstehen ein maßstabsgetreuer Entwurf in Pinselarbeit und ein Farbkonzept.

monochromer Entwurf - Libelle

monochromer Entwurf - Eisvogel

Farbkonzept

 Der Tag der Wahrheit ist gekommen. Vertretern des Landes Brandenburg, des Wasser- und Bodenverbandes Nördlicher Spreewald, der STRABAG und des Freundeskreises für Lübben e.V. präsentiere ich meine Idee zur Fassadengestaltung:
Eine Seite Eisvogel im Morgenlicht, eine Seite Libelle bei Nacht. „Gefällt mir gut, mal was anderes. Ich hatte schon Kähne und Heuschober befürchtet.“, meint der Landesvertreter. Auch alle anderen in der Runde sind angetan. „Jetzt wird es ein echter Bleyl“, stellt Herr Haase vom Freundeskreis abschließend fest.
Der Entwurf wird einstimmig angenommen.

 

Die Wand

Wie bringe ich nun meinen Malstil aus dem Studio aufs Großformat im Außenbereich? Diese Frage quält mich bis zur tatsächlichen Fertigstellung im Mai/Juni 2024, während ich eine große Messe und drei Ausstellungen vorbereite.
Mir wird klar, dass ich noch einmal einen detaillierteren, größeren Entwurf malen muss, um mich später auf der großen Wand orientieren zu können. „Man müsste diesen Entwurf mit denselben Farben malen können, die man später an der Wand verwendet“, so denke ich.

In einem Fachgeschäft erkundige ich mich zu den Bindemitteln für Fassadenfarben:

„Bindemittel? Haben wir nicht. Nur Bases - also fertige Mischungen, die an der Farbmaschine abgetönt werden.“
„Die sind aber bereits verschnitten, also deckend eingestellt, oder?“
„Ja.“
Mit dieser niederschmetternden Erkenntnis kaufe ich lediglich etwas Silikonharz-Base, um meine Farben später deckender und haltbarer einzustellen. In meiner eigenen Büchersammlung und im Netz informiere ich mich zu Licht- und chemischer Beständigkeit von verschiedenen Pigmenten. Ein Kollege aus dem Nachbarort kann mir sogar kostengünstig Pigmente aus einem Nachlass beisteuern. Das Problem ist nur, dass keiner weiß, um welche Pigmente es sich genau handelt. Ich teste sie auf Zement- und Kalkechtheit. Letzten Endes kaufe ich neue Pigmente im Künstlerbedarf, die sich meiner Recherche nach am besten für meine Zwecke erweisen.

Als Bindemittel kommt ein hochwertiger Acrylbinder zum Einsatz, der auch für Außenfarben geeignet ist.

Im Atelier entsteht derweil ein Detailentwurf mit den bereits selbst angesetzten Farben.

Detailentwurf für die zwei Hauptfassaden

Mittels Raster übertrage ich die Motive auf die Wände und starte mit einer monochromen Untermalung. Diese sichert mir die Hell-Dunkel-Kontraste für die darauffolgende farbige Malerei.
Bereits am dritten Tag zwingt mich die Sonne in die Knie - ein Hitzschlag oder Sonnenstich verzögert die Weiterarbeit.

Untermalung Ostseite

Untermalung Westseite

Wieder erholt (nach drei bis vier Tagen Übelkeit, Kopfschmerzen und ständigem Hitzegefühl) schließe ich die Untermalung ab. Das Wetter ist nun deutlich besser: meist bewölkt, wenig Wind und mildere Temperaturen.

 

Nach rund drei Wochen erstrahlt das Gebäude in einem neuen Gewand.



Ansicht Südwest - "A Fairytale"

Übergang der Motive auf der Südseite

Ansicht Südost - "Ein Flügelschlag"

Danksagung

Mein besonderer Dank gilt dem Freundeskreis für Lübben e.V. für die Initiierung des Projektes, die Koordination mit allen beteiligten Schnittstellen und der Finanzierung der künstlerischen Gestaltung. Außerdem bedanke ich mich beim Land Brandenburg, der STRABAG und dem Betreiber der Anlage - Wasser- und Bodenverband Nördlicher Spreewald - für die unkomplizierte Zusammenarbeit.


 

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Kommentare

  1. Herzlichen Glückwunsch zu dieser anspruchsvollen künstlerischen Arbeit, mit der du Geduld, Kreativität sowie soziale Kompetenz bewiesen hast. Gutes Gelingen auch Weiterhin!

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