Im Interview mit einer Mangaka
Künstlervorstellung #04: Natalia Schiller
An ihrem Stand sitzt Natalia hinter ihren
Comicbüchern und zeichnet fleißig unterschiedlichste Manga-Charaktere in
flottem gekonnten Strich.
"Das sind meine nächsten Sozial-Media
-Posts.", sagt sie, während ich ihr eigens verlegtes
Skizzenbuch durchstöbere. Auf größeren Messen, wie beispielsweise der DoKomi
sei sie ununterbrochen damit beschäftigt ConHon-Einträge zu füllen. Da ist es
eine echte Herausforderung für sie den Stapel an Büchern bis zum Ende der
Veranstaltung abzuarbeiten. Hier, auf den LeipzigArtDays, ist es etwas ruhiger,
die Veranstaltung ist klein und gemütlich, das Publikum genauso vielfältig, wie
die Aussteller und so bietet es eine wunderbare Gelegenheit die Künstler und deren
Arbeiten etwas genauer kennen zu lernen.
Natalia Schiller wächst in Krassnodar (Russland) auf und malt und zeichnet von
Kind an. Sie ist sechs Jahre alt, als ihre Eltern nach Deutschland auswandern,
kurz darauf packt sie das Manga-Fieber, welches Ende der 90er Deutschland
erfasst.
Natalia, die deutsche Manga-Szene ist inzwischen
enorm gewachsen und populär geworden. Was fasziniert dich so sehr daran, und
worin siehst du klare Unterschiede, beispielsweise zum amerikanischen Comic?
Selbst wenn ich mich oft nicht aktiv an Foren
oder Gruppen beteiligt habe, sondern nur observiert, betrachte ich die
Manga-Szene als meine Heimat. Ich bin durch und durch Zeichner und der
Manga-Stil fühlt sich sehr richtig für mich an. Etwas anderes kann ich mir
nicht vorstellen. Mir gefällt es wirklich sehr, wie viel Vielfalt die Szene
hat. So viele talentierte, erfolgreiche Künstler. Auch die Fans(oder
Konsumenten?) wissen diese Form der Kunst/Unterhaltung immer mehr zu schätzen
und unterstützen uns Zeichner tatkräftig. Vor 12 Jahren als ich anfing auf
Comic-Messen zu gehen und meine Bilder online auszustellen, sah das noch ganz
anders aus.
Klare Unterschiede zu Comics aus anderen Ländern
sehe ich eher wenige. Inzwischen beeinflusst sich alles gegenseitig und das
finde ich auch gut so.
Ich kann mich an erste deutsche Mangas, um 2000
rum, erinnern, die in ihrer Formsprache noch einen unbeholfen wirkenden
„deutschen“ Akzent in sich trugen. Deine Zeichnungen hingegen könnten ebenso
gut von einem asiatischen Profi-Mangaka stammen, zumindest sehe ich da keinen
Unterschied mehr.
Der Leser sieht oft nur den professionell tätigen Künstler und seine fertigen
Werke, doch der Weg dorthin ist selten geradlinig, auch wenn du bereits früh
Erfolge auf der Leipziger Buchmesse (2006) verbuchen konntest. Wie verliefen
deine Anfänge und mit welchen Herausforderungen hattest du zu kämpfen, bis du
so zeichnen konntest, wie man es jetzt von dir gewohnt ist? Hast du vielleicht
einen Tipp für Teenager parat, die ebenfalls gern Manga zeichnen lernen
möchten?
Das ich einen sehr japanischen Stil habe, höre ich öfter. Es entspricht eben mehr meinem Ideal.
Da ich schon immer gemalt habe, sind Anfänge schwer zu definieren. Mit 13 habe ich beschlossen, das ich irgendwann einmal professionell Comics im japanischen Stil malen möchte. Meinen ersten Austausch, online mit anderen Leuten, hatte ich mit 18. Damals waren die Zeichner noch nicht so solidarisch wie heute. Inzwischen findet man sehr viele Tutorials im Internet und egal was du wissen möchtest, gibt es immer jemanden der dir kurz aus hilft.
Man sollte selbstverständlich keinen 1 zu 1 Unterricht erwarten, aber wenn man irgendwo festhängt, so hat man leichten Zugang zu Informationen.
Wichtig ist wohl, keine Angst vor dem Scheitern zu haben und immer viel zu üben, auch wenn man mal einen schlechten Tag hat.
Die Anfänge - Zeichnung aus Natalias Kindheit |
Welche Tätigkeiten bereiten dir bei deiner Arbeit die meisten Kopfschmerzen und welche die größte Freude? Ich denke dabei nicht nur ans Zeichnen, sondern auch an die vielen anderen Aspekte als Künstler, wie Marketing, Kundenkontakt, Buchhaltung, etc. .
Die meisten Kopfschmerzen habe ich bei der Bürokratie und die größte Freude habe ich wenn ich im "Flow" bin. Den "Flow" kann ich bei jeder künstlerischen Tätigkeit bekommen: Skizzieren, Inken, Colorieren.... Mal mache ich das eine, mal das andere lieber.
Fällt es dir leicht einfach loszuzeichnen oder hast du bestimmte Riten? Soll ja Leute geben, die brauchen immer ihren Kaffee, um produktiv sein zu können. Woran arbeitest du gerade?
Nein, tut es nicht und ja, hab ich. Bis ich mich ans Arbeiten setze, vermeide ich Social Media so gut es geht. Überreizung killt meine Kreativität. Auch höre ich nur jeden zweiten oder dritten Tag Musik, zwei Tage am Stück ist zu viel.
Ich beginne meist mit Warmup-Sketches, wobei ich mir keine Mühe gebe, den Stift instinktiv tanzen lasse und simple, spontane Motive hin kritzle.
Wenn das nicht klappt, dann sorge ich für Stille (keine Musik, Mehrfachsteckdose wird ausgeschaltet etc.), schließe die Augen und mache Atemübungen bis ich konzentriert und ruhig genug bin.
Aktuell arbeite ich, neben den üblichen Auftragsarbeiten, an einer neuen Skizzen Collection und an einem Storyboard für einen Comic.
Was verstehst du unter üblichen Auftragsarbeiten? Bzw. womit können Interessenten dich beauftragen?
Auf meinem Webshop (natalia-schiller.de) habe ich eine Auflistung von Formaten, Medien und den dazugehörenden Preisen. Am häufigsten werden bei mir Kakao-Karten angefragt. Aktuell arbeite ich an einer A4 Illustration eines dnd-Characters vom Auftraggeber. Wer meine Arbeiten kennt, weiß was er von mir erwarten kann. Über Arbeiten außerhalb meiner Kompfort-zone lässt sich jedoch auch reden.
Vielen Dank für deine Zeit und den Einblick in deine Arbeit. Weiterhin viel Erfolg und tolle Aufträge!
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