Der richtige Pinsel


Den richtigen Pinsel finden



Im Grunde ist es unmöglich hierfür einen allgemeingültigen Ratschlag zu geben. Die Nutzung verschiedener Pinsel hängt immer von den eigenen Vorlieben, Techniken und auch Erfahrungen ab. Ebenso von der Art der Farbe und deren Konsistenz.

Dieser Beitrag fußt daher in erster Linie auf meinen Erfahrungen als Kunstmaler und dem Wissen, dass ich mir Autodidaktisch angeignet habe.

Dem motivierten Einsteiger, wie dem versierten Hobbymaler soll hier eine Übersicht gegeben werden was es an Variationen gibt und ihm vor allem helfen selbst besser einschätzen zu können, welche Pinsel sich für welche Zwecke eignen.
Sollten sich Fragen ergeben, nutze gern die Kommentarfunktion am Ende des Beitrages.
Auf Youtube habe ich außerdem ein Video zum Thema bereitgestellt:

Haar und Borste

Grundsätzlich wird zwischen Borsten- und Haar-Pinseln unterschieden, da sie unterschiedlich beschaffen und daher unterschiedliche Eigenschaften aufzeigen. Eine einzelne Borste splittet sich zur Spitze hin in kleinere Härchen auf.
Eine Haar hingegen bleibt ein einzelnes Haar, dass sich zur Spitze hin verjüngt.
Typischer Vertreter der Borstenpinsel sind Schweineborstenpinsel und ein klassischer Vertreter des Haarpinsels ist der Rotmarderhaarpinsel. Sowohl für Borsten-, als auch für Haarpinsel gibt es inzwischen synthetisch hergestellte Alternativen. Manche davon sind von mäßigem Wert zum Malen, andere sind ihren natürlichen Verwandten ebenbürtig oder sogar überlegen. Da es bei synthetischen Haaren und Borsten, wenn überhaupt, nur markeneigene Namen und Begriffe gibt, ist es schwer hier eine Orientierung zu geben. Je weniger Infos der Hersteller über sein angepriesenes Sythetikhaar gibt, ums so eher ist davon auszugehen, dass man nichts hochwertiges zu erwarten hat.
Borstenpinsel, unterschiedlich stark benutzt

Die Borste, bzw. das Haar bestimmt wichtige Eigenschaften unseres traditionellen Malwerkzeugs. Borstenpinsel bilden keinen nennenswerten Farbtank, d. h. sie nehmen dünnflüssige Farbe nur in geringem Maße auf. Dank ihrer vielverzweigten Spitzen, sind sie aber hervorragend geeignet um pastose Farben gut aufzunehmen und auf den Malgrund zu verteilen.

Reine Haarpinsel sind besonders in der Aquarellmalerei beliebt, weil sie ein gutes Farbaufnahmevermögen aufweisen, heißt im Klartext: Du kannst mit ihnen Flächen und Linien ziehen, ohne dass dein Strich gleich wieder abreißt. Für letzteres gibt es auch spezielle Linienpinsel – sogenannte Schlepper, deren Umgang sehr viel Übung erfordert, weshalb „Schriftenmaler“ früher nicht umsonst ein eigener Beruf war.

Des weiteren möchte ich noch den wichtigen Aspekt des „Härtegrades“ der Pinselhaare ansprechen. Damit meine ich die Spannkraft und Formstabilität der Pinselhaare, die über Sensibilität und Kontrolle entscheidet. Je härter ein Pinsel, um so besser lässt er sich kontrollieren, er nimmt aber auch weniger Farbe auf. Mit zunehmender Härte lassen sch auch "härtere", also pastösere Farben besser vermalen. Weiche Pinsel nehmen sehr gut und reichlich flüssige Farbe auf und erfordern etwas Feingefühl bei der Führung.
Betrachtet man die gesamte Form des Pinsels, sind harte Pinsel robuster, was ihre Formstabilität betrifft. Betrachtet man diesbezüglich aber nur die feine Spitze sind viele weiche und mittlere Haarsorten in punkto Formstabilität überlegen, so man sie denn zweckmäßig verwendet.
langstielige Borstenpinsel/ Ölmalpinsel/ Acrylmalpinsel/ Old but Gold/ neue Pinsel

Aufgrund der Vielzahl an verschiedenen Borsten und Pinselhaaren erhebt die nachfolgende Übersicht keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Fehhaar (Schweifhaar des sibir.Eichhörnchens) 

Sehr feines Haar mit sehr hoher Farbaufnahme bei wässrigen Techniken, die sehr weichen Haare erfordern eine sensible Hand, um die überaus feine Spitze kontrolliert zu führen.
Weit verbreiteter Pinsel in alten Handwerkskünsten: Porzellanmalerei, Vergolder (Anschießer)

Rindshaar

Ebenfalls eine sehr hohe Farbaufnahme bei wässriger Maltechnik, da die Haare extrem weich sind und sich (im nassen Zustand) regelrecht ans Papier „ansaugen“, ist ihr Einsatzgebiet in der Malerei recht begrenzt. Der typische Schulmalpinsel im „Tuschkasten“ ist meist aus Rindshaar.
Rindsohrhaare hingegen weisen ähnlich hervorragende Qualitäten wie Rotmarderhaar auf und werden daher auch als „Rotmarder-Imitation“ angeboten

Ziegenhaar

Härter als Rindshaar und weicher als Rotmarderhaar, gutes Farbaufnahmevermögen, verbreitet in der traditionellen asiatischen Kaligrafie und Malkunst

Rotmarderhaar

Sehr geschätzt, da er aufgrund seiner hervorragenden Spannkraft leicht und präzise zu führen ist und zugleich wässrige als auch cremigere Farben gut aufnimmt. Gute Rundpinselqualitäten weisen wunderbar feine Spitzen auf, die denen guter Fehhaarpinsel ähnlich sind.

Kolinskyhaar

Ist das Schweifhaar des sibirischen Marders „mustela sibirica“, es ist von höchster Qualität für feinste Aquarellpinsel, sehr formstabiles feines Haar, allerdings selten und entsprechend teuer.

Schweineborste

Gut für cremigen und pastosen Farbauftrag, sehr hart, je nach Verwendung hoher Verschleiß, dafür aber günstig zu bekommen. Preisintensivere Borstenpinsel (meist feine Chinaborste) sind oft von besserer Qualität, dichter und sauberer gebunden und ermöglichen so eine saubere Strichführung.

Chinaborste

Sind Borsten vom Chinaschwein, längere Borste als bei einheimischen Rassen, es gibt schwarze und weiße Chianaborsten

Synthetische Haare und Borsten

Gibt es mit unterschiedlichen Eigenschaften zu unterschiedlichsten Qualitäten, siehe nachfolgendes Kapitel: Qualität

Mischbesatz

Meint Pinsel in denen unterschiedliche Naturhaare oder auch Natur- und Synthetikhaare Verwendung finden. Auf diese Weise können bestimmte Eigenschaften erzielt oder optimiert werden.

Qualität

Die Qualität der ausgewählten Haare oder Borsten kann die Eigenschaften des daraus später hergestellten Pinsels stark beeinflussen. Wie genau die Qualitätsprüfung beim Hersteller abläuft, weiß ich leider nicht. Aber es macht auf jeden Fall einen Unterschied welche Haare eines Tieres konkret verwendet werden. Bei Rindshaar vorzugsweise vom Ohr, bei Fehhaar vom Schweif des Eichhörnchens usw.. Sicherlich spielen auch Alter des Tieres, Aufzucht, bzw. Lebensweise und Jahreszeit (Sommer/Winterfell) zum Zeitpunkt der Tötung des Tieres eine Rolle. Besonders hochwertige Qualitäten tragen nicht selten Eigennamen (Kolinsky-Haar, Chungking-Borste).
vielschichtiges Pinselsortiment unterschidliecher Qualitäten

All diese Faktoren fallen bei einem synthetisch hergestelltem Haar natürlich weg und für einige mag allein aus ethischen Gründen nur der Synthetikhaarpinsel in Frage kommen, zumal er, verständlicherweise, i.d.R. günstiger zu bekommen ist. Da Synthetikhaarpinsel sich ständig weiterentwickeln und jeder Hersteller da sein eigenes Süppchen kocht, bin ich aktuell noch auf keine einheitlichen Begriffe gestoßen, die auf eine bestimmte Qualität schließen lassen. Lediglich Herstellerverweise wie „Fehhaar-Imitation“ oder „Rotmarderhaar-ähnlich“ helfen dem fachkundigen Käufer weiter. Sehr gute Qualitäten haben trotzdem oft noch ihren entsprechenden Preis.
Letztlich kommt man nicht umhin seine eigenen Erfahrungen zu machen. Gut ist es, wenn man die Möglichkeit hat, Pinsel vor Ort im Geschäft in die Hand zu nehmen und über den eigenen Handrücken streichen – sie quasi erfühlen kann. Manch Händler bekommt dann gleich Schnappatmung, weil er Angst hat, man zerstört die Spitze des guten Pinsels. Die eigene Qualitätsprüfung im Laden sollte natürlich so sanft ausfallen, das man den Pinsel nicht beschädigt. Nach der kleinen Gefühlsprobe den Pinsel daher bitte unbedingt wieder in Form ziehen! Tipp an den Fachhändler: Ein Wasserbecher am Pinselregal hilft, dass der Kunde einen empfindlichen Rundhaarpinsel wieder besser in die Spitze ziehen kann, außerdem kann so der Pinsel auch im feuchten Zustand begutachtet werden.



Pinselstiele

Gibt es lackiert, unlackiert, lang, kurz, mit besonders ergonomischen Sonderschliffen oder extremen Verdickungen. Reisepinselsets gibt es sogar mit Gewindesystemen, um sie auf einen Stiel zu schrauben.

Ich bevorzuge langstielige unlackierte Pinsel, zum einen kann ich sie, bei Bedarf, immer noch kürzen, zum anderen helfen sie mir bei größeren Formaten ausreichend Abstand zum Bild zu wahren. Unlackiert deshalb, weil sie mir besser in der Hand liegen.



Form und Verwendung

Neben dem Haar bzw. der Borste entscheidet Form und Aufbau über das Einsatzgebiet des Pinsels. Natürlich kann man jeden Pinsel für alles Mögliche verwenden, aber für bestimmte Arbeiten, eignen sich manche Pinsel besser als andere.
Auch diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, weil es unzählige weitere spezialisierte Pinselvariationen gibt, die oft aber nur Abwandlungen oder Kombinationen der hier aufgeführten Varianten sind.


Rundpinsel mit Spitze

Bilden DEN klassischen Pinsel schlechthin. Ihre Spitze soll möglichst feine Linien ermöglichen, während man mit stärkerem Druck bei gleichzeitiger Schrägstellung ganze Flächen mit der Pinselflanke ausfüllen kann.


Rundpinsel mit Fläche

Die „Fläche“ kann tatsächlich flach sein, aber auch halbkugelig oder leicht spitz zulaufend angelegt sein. Solche Pinsel werden auch als „Schablonierpinsel“ oder „Stupfer“ bezeichnet, weil sie für genau dies verwendet werden: Zum Stupfen – also zum Farbauftrag durch gleichmäßiges Tupfen mit der frontalen Pinselfläche. Das Ergebnis ähnelt dem Farbauftrag mit einer Rolle.
Stupfpinsel sind besonders für gleichmäßige Schichtaufträge gewölbter oder profilierter Oberflächen interessant.
Beim Schablonieren soll das Stupfen verhindern, dass die Farbe unter den Schablonenrand läuft, hier ist aber auch die richtige Konsistenz der Farbe entscheidend.


Ringpinsel

Wie Rundpinsel mit Fläche, aber mit einem Vorbund versehen, auf diese Weise ist die Härte regulierbar, da man die Haar/-Borstenlänge durch den Vorbund variieren kann.


Flachpinsel

Sind überwiegend zum Füllen von Flächen gedacht, mit Flachpinseln lassen sich, längs gezogen, aber auch sehr gut recht gerade Linien ziehen, weshalb sie in der Malerei gerade bei architekturlastigen Motiven gute Dienste leisten.


Modler

Unterart des großen Flachpinsels, meist breiter, fester, kurz gehaltener Borstenbesatz zum verstreichen zäher Lacke u.Ä.,
oft flacher Pinselstiel


Vertreiber

Unterart des großen Flachpinsels, ähnlich wie Modler, aber mit weicherem, oft längerem Besatz zum ineinander streichen von Farbenverläufen und auftragen dünnflüssiger Farben (Lasuren),
meist flacher Pinselstiel


Katzenzunge

Bildet einen Hybrid aus Rund- und Flachpinsel. An der Zwinge flach, läuft der Pinsel zungenartig spitz zu. Ein echter Allrounder, den ich als Reisepinsel für unterwegs sehr schätze.


Fächerpinsel

Ein fächerartig aufgehender Flachpinsel. Schreibt mir gern wofür ihr ihn verwendet. Mir hat sich hierfür noch kein sinnvolles Anwendungsgebiet erschlossen.


Kosmetikpinsel

weiche, meist dichte und voluminöse Pinsel, flach oder rund, die eigentlich für Make-Up konzipiert sind. Ich nutze sie gern (trocken!) zum ineinander wedeln noch feuchter Farbschichten.






 

Fazit: Sei experimentierfreudig

Auch wenn jeder Pinsel für bestimmte Zwecke gemacht ist, probier dich aus und nutze einen groben Borstenpinsel z.b. mal für feine Lasuren. Die scheinbar zufälligen Effekte, die sich mit etwas Übung oft doch mehr oder weniger gut kontrollieren lassen, machen den Reiz einer traditionellen Malerei aus. Lege dir daher am besten nach und nach verschiedene Pinsel zu. Das können auch ganz Billige sein und hier und da mal ein richtig Guter. Du wirst feststellen , das auch der beste Pinsel bei guter Pflege irgendwann verschleißt. Je nach Größe des Bildes und eigener Arbeitsweise, lässt sich das Gro der Arbeit mit Pinseln einfacher bis mittlerer Qualität erledigen und nur die abschließenden Feinarbeiten erfordern hochqualitative Pinsel mit ausgewähltem und gut verarbeitetem Besatz.

Pinsel nach Medium (Öl, Acryl etc.) getrennt aufbewahren, alte Pinsel nicht wegwerfen!

Sollte ein Pinsel mal nicht so funktionieren wie erhofft, behalte auch im Hinterkopf, das Saugfähigkeit und Beschaffenheit deines Malgrundes ebenso das Ergebnis des Farbauftrages beeinflussen, wie die Konsistenz und Qualität deiner Farbe. 

 


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